"Corona" und der Niedergang des bürgerlichen Individuums

"Corona" - verstanden als "Ausnahmezustand", in
dem wir uns als Folge der raschen Ausbreitung eines neuartigen Virus sowie der
dagegen unternommenen politischen Maßnahmen seit gut zwei Jahren befinden - hat
es in kürzester Zeit geschafft, nicht nur die Themenbereiche
"Gesundheit" und "Gesundheitspolitik" in sämtlichen
privaten und öffentlichen Debatten zu beherrschen, sondern, weit darüber
hinaus, als Synonym für ein multidimensionales, mehr oder weniger
allumfassendes Phänomen wahrgenommen zu werden, das in nahezu allen
Lebensbereichen ganz neue Fragestellungen aufwirft. Die Umwälzungen, die durch
das Phänomen "Corona", für das es keine historischen
Vergleiche gibt, in Gang gekommen sind, sind so tiefgreifend, dass sie
mittlerweile auch die grundsätzlichsten Fragen nicht unberührt lassen, u. a. auch die Frage nach dem
Verständnis des "Menschen" in seiner philosophischen und politischen
Bedeutung - und mit dieser Frage einhergehend auch die
Fragen nach dem Verhältnis der Menschen zueinander, d. h. der "Gesellschaft",
sowie dem Verhältnis des Einzelnen, des sog. "Individuums", zur
politischen Organisationsform dieser "Gesellschaft", d. h. zum
"Staat" und seiner institutionellen Ausgestaltung.
Im Zusammenhang mit diesen Fragestellungen lassen sich Entwicklungen und Tendenzen konstatieren, die bereits lange vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie vorhanden waren, auf die "Corona" nun aber wie eine Art "Brandbeschleuniger" wirkt. Aus philosophisch-gesellschaftskritischer Sicht kann das Positive an der gegenwärtigen, von Versuchen der "Pandemiebekämpfung" geprägten Situation darin gesehen werden, dass, wenn man so will, unter dem "Brennglas Corona" die angesprochenen Fragestellungen - ernsthaft thematisiert zuvor nur von kritisch beäugten "Exoten" - abermals ins Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten vordringen und dazu taugen, Debatten von ganz grundlegender Bedeutung und Qualität (wieder) anzuregen. Seit Jahrzehnten wurde nicht mehr substantiell und in beinahe gesamtgesellschaftlicher Breite über die Begriffe "Demokratie", "Freiheit", "Verfassung", "Grundrechte" bzw. ganz allgemein über die Frage nach dem Verhältnis des Einzelnen zum Staat diskutiert. Welche historischen Hintergründe bilden den weiter gespannten Rahmen, innerhalb dessen sich derartige Debatten abspielen? Wie haben sich das Verständnis des Menschen sowie das Verhältnis der Menschen zueinander in Politik und Wirtschaft im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte verändert, um heute, in Zeiten "Coronas", erneut zur Diskussion zu stehen?
Der Status quo im Westen (und großteils auch darüber hinaus) sah vor Corona in etwa so aus: Man hatte sich "relativ gut" und weitgehend unreflektiert in der "Normalität" des globalisierten privatkapitalistischen Systems auf der ökonomischen Seite einerseits und der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie auf der politisch-gesellschaftlichen Seite andererseits eingerichtet. Der "Privatkapitalismus" als spezifische Wirtschafsform wurde in seiner grundsätzlichen Berechtigung und historischen Herkunft seit langem nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt. Zu weit entfernt schienen, nicht zuletzt durch den Niedergang des "Ostblocks", "alternative", staatlich organisierte kapitalistisch-wirtschaftliche Organisationsformen - von "rückschrittlichen", vorindustriell-kapitalistisch geprägten oder gar nicht-kapitalistischen Organisationsformen ganz zu schweigen. Der privat organisierte, technisch-industriell geprägte Kapitalismus wurde auch deshalb nicht mehr kritisiert, weil es im Fortlauf seiner Entwicklung gelungen war, durch reformistische Bemühungen (nicht zuletzt der Arbeiterbewegung selbst) zu einem "ganz passablen" Ausgleich der unterschiedlichen "Kapitalfraktionen" (Eigentümer von Grund, Boden, Produktionsmitteln einerseits, Lohn- und Gehaltsabhängige andererseits) zu gelangen und die "Kinderkrankheiten" frühkapitalistischer Entwicklung in Form einer stark ausgeprägten ökonomischen Ungleichheit weitestgehend abzustreifen. Zudem mündeten die besagten Reformbemühungen auf der politischen Ebene, nachdem man es geschafft hatte, den monarchistischen Obrigkeitsstaat loszuwerden, in allen europäischen Staaten über mehrere Zwischenschritte hinweg früher oder später im System der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie, die den angesprochenen Ausgleich institutionell verankerte. Neben der Möglichkeit einer bestimmten Form politischer Partizipation, die auf immer breitere gesellschaftliche Schichten ausgeweitet worden war, wurden dem einzelnen Menschen zudem wesentliche Grund- und Freiheitsrechte eingeräumt, die eine relativ freie Entwicklung und Selbstentfaltung innerhalb der herrschenden Rahmenbedingungen ermöglichten. Damit konnte sich zuerst im Westen (und mittlerweile auf dem ganzen Globus) das Narrativ der "Modernisierung" weitestgehend durchsetzen, wonach es im Großen und Ganzen einen "Gleichschritt" von technisch-ökonomischer Entwicklung auf der einen Seite und politischer Entwicklung auf der anderen Seite hin zum privat organisierten Kapitalismus mit seinen liberal-demokratischen Grundwerten gibt, wobei dieser "Gleichschritt" zugleich als "Fortschritt" interpretiert wurde. Alles, was sich historisch in der Nachfolge der bürgerlichen Revolutionen etabliert und sukzessive verbessert hatte, galt lange Zeit gleichsam als End- und Höhepunkt einer Aufwärtsentwicklung politisch-gesellschaftlich-ökonomischer Organisationsform schlechthin. Über diese Betrachtungsweise besteht nach wie vor ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Abgesehen von den ökonomisch-sozialen Verwerfungen sowie den naturzerstörerischen Auswirkungen der auf Kapitalakkumulation basierenden - und d. h. fortgesetztes Wirtschaftswachstum und damit fortgesetzten Ressourcenverbrauch voraussetzenden - Funktionsweise des Kapitalismus, ist an der politischen Seite dieses "Fortschritts" nichts auszusetzen.
Die Modernisierungsthese geht von einer technisch-ökonomischen und politisch-gesellschaftlichen Höherentwicklung hin zu Kapitalismus und Demokratie aus. Während am Kapitalismus nicht ernsthaft gezweifelt wird, werden Freiheitseinschränkungen kritisch bewertet.
Der Kern dessen, was den Menschen innerhalb dieses etablierten politisch-ökonomischen Systems kennzeichnet, lässt sich mit dem Begriff des "bürgerlichen Individuums" auf den Punkt bringen. Unter "bürgerlich" ist in diesem Zusammenhang nicht der "Bürger" (etwa im Sinne des frz. bourgeois) als Angehöriger einer spezifischen gesellschaftlichen "Klasse" zu verstehen, sondern es wird auf die breiter angelegte, alle "Klassen" umgreifende Bedeutung des Bürgerbegriffs abgestellt, d. h. auf den "Bürger" im staatsrechtlichen Sinne als Angehöriger eines Gemeinwesens (des Staates), dem, mit bestimmten Rechten und Pflichten ausgestattet, eine gesicherte Stellung und Funktion innerhalb dieses Gemeinwesens zukommt. In dieser Ausstattung mit den sog. "bürgerlichen Freiheiten" liegt bei allem ökonomischen Konfliktpotential die prinzipielle Integrationsfähigkeit rechtsstaatlich verfasster parlamentarischer Demokratien - dass sie die in wirtschaftlicher Hinsicht nach wie vor vorhandenen gegensätzlichen Interessen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppierungen durch etwas allen Gemeinsames "aufheben". Denn zum einen kommen die Grund-, Freiheits- und Menschenrechte - etwa Recht auf Leben, Recht auf Freiheit, Recht auf Gleichheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit, Freiheit der Wissenschaft, Wahl- und Petitionsrecht usw. - allen "Bürgern" zu, zum anderen schafft der Parlamentarismus, zumindest formal betrachtet, einen Rahmen zur Kompromissfindung zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen und deren überwiegend ökonomischen Interessen.
Insofern in diesem System alle "Bürger" als rechtliche und moralische "Subjekte" prinzipiell frei und gleich sind und insbesondere als mit Vernunft und Gewissen begabt gelten, können sie als "Individuen" im humanistischen Sinne betrachtet werden. Der Mensch als mit Würde und Persönlichkeit ausgestattetes "Individuum", das - abgesehen von ökonomischen Zwängen - keiner Repression und Willkür unterliegen darf, ist das herausragendste Produkt der geschilderten neuzeitlich-modernen Entwicklung und hat in allen Verfassungen heutiger Demokratien Niederschlag gefunden. Aus ökonomischer Sicht ebenfalls ein Produkt neuzeitlich-moderner Entwicklung ist auf der anderen Seite aber auch die Tatsache, dass im Kapitalismus in seiner industriellen und post-industriellen Ausprägung bestimmte "Individuen" auch im Sinne ihrer (negativen) "Freiheit" von Produktionsmitteln "frei" sind und damit angewiesen auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft auf dem "Arbeitsmarkt" (auch die Eigentumsrechte sind im Privatkapitalismus auf spezifische Art staatlich geregelt). Aus dieser Perspektive blieben "Freiheit" und "Gleichheit" vorerst formale politische Kategorien. Real bedeutete die Herauslösung der Menschen aus den traditionell-feudalen Arbeitsbeziehungen in Landwirtschaft, Handwerk und Kleinindustrie mit der damit entstandenen "Vertragsfreiheit" auf dem vorerst industriell dominierten Arbeitsmarkt von Beginn an das prinzipielle Ausgeliefertsein gegenüber dem Lohndiktat der "Kapitalisten", wobei diesem Faktum die ursprüngliche Entstehung der ökonomischen und politischen Klassenspaltung zugeschrieben werden kann. Wie erwähnt, wurde diese Spaltung in weiterer Folge aber reformistisch, etwa durch gewerkschaftliche Organisation, gebunden und in das ökonomisch-politische System - den parlamentarisch-demokratisch verfassten Staat - integriert, der seinerseits die Aufgabe übernahm, den privaten, liberalen Kapitalismus abzusichern.
Das wichtigste Produkt der Moderne ist das "bürgerliche Individuum" als rechtliches und moralisches "Subjekt". Es handelt sich um den freien und gleichen, mit Vernunft und Gewissen begabten Menschen im humanistischen Sinne.
Inwiefern nun haben zwei Jahre "Corona" an diesen scheinbar unverrückbaren politischen Vorstellungen und Errungenschaften neuzeitlich-moderner Entwicklung gerüttelt? Inwiefern hat die Corona-Politik die liberalen Fundamente des westlichen Gesellschaftsentwurfs ins Wanken gebracht, in dem das freie "Individuum" stets so stark betont worden war, in dem spätestens nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges der Individualismus stets gegen den Kollektivismus sozialistischer Systeme hochgehalten worden war, in der die Frage nach der Autonomie, der Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen in das bestmögliche Verhältnis zu Heteronomie, Abhängigkeit und Zwang gebracht worden schien? - Diese Frage, die bereits auf den Niedergang des "bürgerlichen Individuums" hindeutet, lässt sich von zwei unterschiedlichen Perspektiven aus beleuchten - zum einen aus technisch-wissenschaftlicher Sicht, zum anderen aus politisch-philosophischer bzw. gesellschaftlich-sozialer Sicht.
Was die technische Entwicklung auf sämtlichen Ebenen anbelangt, beginnend mit der Industrialisierung wirtschaftlicher Produktionsabläufe bis hin zur Entwicklung der modernsten Technologien in den unterschiedlichen Bereichen (Biotechnologie, Gentechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Lebensmitteltechnologie, künstliche Intelligenz, Nanotechnologie...), so galt diese Entwicklung stets als maßgeblichster "Treiber" und Ausdruck des "Fortschritts" selbst und wurde in politischer Hinsicht zudem als Parallelentwicklung hin zu Demokratie und liberalen Prinzipien aufgefasst. Beide, so die Vorstellung, führten zu einer stetigen Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse. Dadurch hatte sich ein starker Fortschritts-, Technik- und Wissenschaftsglaube breitgemacht. Mit fortlaufender Entwicklung aber, gerade mit dem Einsatz der genannten neuesten Technologien, kamen zunehmend Zweifel an der unumschränkten Gültigkeit dieser "Erzählung" auf. Denn es stellte sich heraus, dass (neben anderen negativen "Begleiterscheinungen" technisch-ökonomischer Entwicklung wie Atombomben, nuklearen Katastrophen, Naturzerstörung, Klimawandel usw.) unter dem Diktat dieser sich gleichsam verselbständigenden Doktrin auch das erwähnte "bürgerliche Individuum" zunehmend im Begriff war, seine "harte Hülle" zu verlieren. In immer geringerem Ausmaß akzeptieren heute politische, wissenschaftlich-technische und ökonomische "Eliten", dass "unter" die Ebene des "Individuums" (als "Nicht-Teilbares") nicht gegangen werden darf, dass das "Individuum", der einzelne Mensch in seiner Ganzheit bzw. Einheit, sozusagen eine rechtliche, moralische und materielle Grenze darzustellen hat. Viele Technologien haben den Menschen längst zu einem "Dividuum" degradiert, das in zahlreiche Fragmente aufgesplittert erscheint. Aus naturwissenschaftlich reduzierter Sicht (die Geisteswissenschaften liefern keinen relevanten Beitrag mehr) gilt der Mensch längst nicht mehr als geistbegabte, autonome Instanz mit schützenswerter Identität, sondern er wird von vielen Disziplinen, insbesondere auch der Medizin, als ein "bloßer Organismus" betrachtet, bzw. von technischen Wissenschaften in cartesianischer Manier selbst als eine Art Maschine gesehen, deren Teile beliebig manipuliert werden können. In ökonomischer Hinsicht diente der Mensch als Kapitalfaktor "Arbeit" im Kapitalismus von Beginn an, unbeschadet aller Ausgleichsbestrebungen, der Aufrechterhaltung des privatkapitalistischen Systems und damit den Profitinteressen der Kapitaleigner. Insofern diese veränderte Betrachtungsweise des "Menschen", die sich vom humanistischen Ideal des "Individuums" denkbar weit entfernt hat, das Einzelwesen übersteigt, wird die gesamte Menschheit, eingespannt in ein System ökonomischer Abhängigkeiten, zu einer Verfügungsmasse technisch-wissenschaftlicher Bearbeitung - legitimiert etwa durch das Ziel biopolitischer "Verbesserungen".
Die Kehrseite des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts besteht in der Auflösung des "Individuums", das auch im Bereich des Politischen seinen Status als "Bürger" zu verlieren droht.
Damit aber ist, um auf die politische Ebene zu kommen, die alte Gegenüberstellung von Individualismus und Kollektivismus obsolet geworden. An die Stelle des alten Kollektivismus als Zusammenfügung einzelner Elemente bzw. "Entitäten" zu einem Ganzen, in dem das Ganze mehr zu zählen hat als das Einzelne (Faschismus, autoritärer Kommunismus) tritt eine neue Form des globalisierten Kollektivismus als eine Art "transhumaner Homogenisierung". Der liberale, privatkapitalistische Westen nähert sich somit dem Kollektivismus, den er stets kritisiert hat, von einer anderen, neuen Seite an: Nicht das Individuum soll vor dem Hintergrund politischer Ideologie zum Kollektiv zusammengeschlossen, sondern das Individuum selbst soll gleichsam aufgelöst und als indifferente "post-individuelle" Masse einer bislang nicht gekannten Verfügungsgewalt unterliegen - und zwar über alle Staats- und Nationengrenzen hinweg. Auch hier kann politisch-ökonomische Ideologie im Sinne einer teils unbewussten, "systemisch" verformten Verfolgung von Herrschafts- und Kontrollinteressen geortet werden. Diese Interessen können sich in einer Weise manifestieren, dass sich die Frage nach einem neuen, subtilen, in alle Lebensbereiche ausstrahlenden "Totalitarismus" aus dem Inneren des "liberalen Westens" heraus stellt. Denn mit der technisch-wissenschaftlichen Ebene, der zunehmenden Auflösung des "Individuums", korrespondiert auf der politischen Ebene zwangsläufig der Niedergang des "Bürgers" als unantastbarer, nicht unterminierbarer, kleinster "Baustein" aller gesellschaftlichen und politischen Verfasstheit. Auch im politischen Kontext verliert der Mensch vor dem Hintergrund technologisch-ökonomisch getriebener Macht- und Kontrollabsichten zunehmend seine Stellung als freies "Subjekt", um zum "Objekt", zum Material einer systemischen "Agenda" zu werden, die in Zeiten "Coronas" in größtmöglicher Unverdächtigkeit unter "Gesundheitspolitik", ausgestattet mit den edelsten Absichten, firmiert. Im Sinne des "Wohles aller", ja nachgerade zur Absicherung der "Freiheit jedes Einzelnen", werden die bürgerlichen Grund- und Freiheitsrechte in "neo-kollektivistischer" Manier Schritt für Schritt untergraben und ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt. Damit nähert sich auch der "liberale Westen" dem Kollektivismus autoritärer Systeme an.
Das seit geraumer Zeit wahrnehmbare Unbehagen vieler "Bürger", das sich durch die Corona-Politik noch verschärft hat, lässt abseits der technisch-ökonomischen Perspektive die Frage zu, ob die mit Recht als Höhepunkt bisheriger Entwicklung begriffene bürgerlich-parlamentarische Demokratie hier nicht doch eine gewisse Reformbedürftigkeit offen zu Tage treten lässt, bzw. welchen Interessen im Rahmen politischer Willensbildungsprozesse tatsächlich gedient ist, wenn es nicht mehr um die größtmögliche Freiheit des Einzelnen (innerhalb bestimmter, durch Verfassungen festgelegter politischer Rahmenbedingungen bzw. ökonomischer Verhältnisse) und somit um das "bürgerliche Individuum" geht. Wie konnte es möglich sein, dass, durch welche Einflüsse auch immer, innerhalb jenes politischen Systems, das durch das "bürgerliche Individuum" zu dessen eigenem Schutz errichtet worden war, plötzlich Tendenzen entstehen, die dessen sukzessiven Niedergang bedeuten. Wie kann die liberale Demokratie in ihrer spezifischen Institutionalisierungsform jene Errungenschaften "fressen", die sie einst hervorgebracht hat? Wie können aus demokratischen Institutionen selbst gleichsam "totalitäre" Tendenzen erwachsen?
Die Parteiendemokratie schafft zunehmend das Gefühl "großer Distanz" zwischen den Bürgern und den "Eliten".
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass auch im Umgang mit der Corona-Pandemie große Unterschiede in der Vorgangsweise einzelner Regierungen bestehen - seien es Regierungen liberaler oder autoritärer Staaten. Diese Unterschiede, die sich auch hinsichtlich der Akzeptanz der jeweiligen Maßnahmen seitens der Bevölkerung zeigen, sind zum einen auf kulturelle Prägungen zurückzuführen, andererseits spielen auch je individuelle Dispositionen bei der Wahrnehmung krisenhafter Phänomenen eine Rolle. Dennoch scheint es legitim, auf einen allgemein-strukturellen bzw. institutionellen Aspekt hinzuweisen, der die meisten westlichen Demokratien betrifft, nämlich deren Ausgestaltung als mehr oder weniger "reine" Parteiendemokratien. Das Verständnis über deren Funktionsweise kann eine Erklärung dafür liefern, warum sich zunehmend auch im "liberalen Westen" der Eindruck eines inakzeptablen "Autoritarismus" breit macht. Dieser Eindruck beruht auf dem Gefühl einer "großen Distanz" zwischen den Bedürfnissen des eigentlichen demokratischen Souveräns, der Summe der "bürgerlichen Individuen", und den Interessen der Regierungen bzw. der hinter ihnen stehenden (ökonomischen) "Eliten".
Zwar liegt es im Wesen der sog. "repräsentativen" Demokratie, dass der oft zitierte "Volkswille" (den es aufgrund divergierender gesellschaftlicher Interessen in dieser homogenen Form gar nicht geben kann) über Parteien "gefiltert" wird. Da diese Parteien aber stark zentralistisch und hierarchisch strukturiert sind und damit nivellierend wirken, d. h. weder ausreichend auf individuelle oder "klassenspezifische", noch auf regionale oder lokale Bedürfnisse einzugehen vermögen, kann es bereits bei diesem "Übertrag" von Vertretungsbefugnissen auf Parteien bzw. vorgelagerte Interessensverbände zu einer nicht unerheblichen Entfremdung zwischen den vielfältigen Bürgerinteressen und den Eigeninteressen der Vertretungsinstanzen selbst kommen, die in erster Linie in deren eigenem Machterhalt bestehen. Eine weitere institutionelle Schwäche der Parteiendemokratie besteht darin, dass das von den Parteien geprägte Parlament, das als "Volksvertretung" agieren sollte, de facto alle relevanten politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen "Entscheidungen" nur vordergründig absegnet, denn die tatsächlichen Entscheidungen erfolgen in den Ministerialbürokratien bzw. davor in den besagten Interessensverbänden und damit bei den "Eliten" des ökonomischen Systems, das sich dem politischen (hier der Exekutive) nur bedient. Gerade die Corona-Politik hat deutlich gemacht, dass es letztlich die Exekutivgewalt ist, die mit Notverordnungen gleichsam "autokratisch" regiert, gerechtfertigt durch die Stilisierung der Corona-Pandemie zum (permanenten) "Ausnahmezustand" (G. Agamben). Im Parlament werden die Entscheidungen der Regierung, deren Akteure sich aus denselben Parteien rekrutieren, über das Mittel des "Klubzwangs", der einen großen innerparteilichen Konformitätsdruck erzeugt und tatsächliche, direkte Volksvertretung unmöglich macht, lediglich "abgenickt". Es zeigt sich, wie sehr die "Parteienförmigkeit" der meisten Demokratien das "echte" Repräsentationskonzept unterminiert: Die Regierung exekutiert das als "Volkswille" ausgegebene Interesse jener Parteien, deren Zustimmung in der "Volksvertretung" sie sich jederzeit sicher sein kann. Über diese subtilen Vermittlungen entsteht letztlich eine Art Formaldemokratie, die nicht mehr als "Volksherrschaft", sondern als eine Art "demokratische" Oligarchie wahrgenommen wird, die zutiefst von ökonomischer Einflussnahme geprägt ist. Auch die im parlamentarischen Regierungssystem vorgesehene Trennung von Staats- und Regierungschef vermag diesen subtil wirkenden Einflussfaktoren gegenüber in der Regel kein kontrollierendes Korrektiv darzustellen.
Je weiter entfernt "demokratische" Entscheidungen getroffen werden, desto deutlicher treten die Differenzen zwischen Bürgerinteressen und Eliteninteressen zutage. Die Globalisierung höhlt den Nationalstaat zunehmend aus.
Verschärfend kommt hinzu, dass der Einflussnahme ökonomischer "Eliten", v. a. jener des "Großkapitals", auf die politischen Vertretungsinstanzen aus zunehmend weiter entfernten, überstaatlich organisierten politischen Institutionen heraus Geltung zu verschaffen versucht wird, was die "Bürgerferne" demokratischer Entscheidungen zusätzlich verstärkt. Je weiter entfernt "elitäre" Willensbildungsprozesse ablaufen, desto deutlicher treten die Differenzen zwischen den Interessen aller "Bürger" (egal ob Kleinunternehmer, Arbeiter, Angestellter, Beamter, Bauer...) und jenen der politischen und ökonomischen "Eliten" auf den unterschiedlichsten Ebenen (national, supra- oder supernational) zutage. Desto deutlicher manifestieren sich auch die tatsächlichen Mechanismen, die die herrschenden Machtverhältnisse bestimmen und perpetuieren - letztlich die Tatsache also, dass sich die politischen und wirtschaftlichen "Eliten" als "herrschende Klassen" zu einer Art "bipolaren" Interessensgemeinschaft "Regierung/Kapital" verbinden, gerichtet gegen die Interessen der ehemals unter dem Begriff "Arbeiterklasse" gefassten Beherrschten. Da aber sowohl die ehemalige Klassenspaltung durch reformistische Ausgleichsbemühungen und die Schaffung der "sozialen Marktwirtschaft" obsolet geworden ist, als auch der Nationalstaat mit dessen Einflussnahmemöglichkeiten zunehmend ausgehöhlt wird, mündet diese "bipolare" Interessensgemeinschaft mit voranschreitender politisch-ökonomischer Globalisierung, Supranationalisierung, Zentralisierung bzw. Monopolisierung letztlich in der globalen Konfrontation "Großkapital vs. Bürger", wobei sich der "Bürger" bis in den gehobenen "Mittelstand" hinein erstreckt. Das "Großkapital" bedient sich zunehmend impotenterer, undemokratischerer (über)staatlich-institutioneller Strukturen, die seitens der "Bürger" nicht mehr als Vertretungsinstanzen ihrer tatsächlichen Interessen wahrgenommen werden können. Der moderne Nationalstaat, der noch als einigermaßen überschaubare organisatorische und räumliche Einheit gelten konnte, verliert seine Integrationsfähigkeit - und zwar nicht nur die Fähigkeit zur Integration der ehemals deutlich unterscheidbaren "Kapitalfraktionen", sondern, weit über deren Grenzen hinweg, jene des "Bürgers" schlechthin. Oder anders formuliert: Regierungen bzw. Staaten scheitern nicht mehr nur an der Aufrechterhaltung eines gewissen Maßes an ökonomischer "Gleichheit", sondern es geht, wie "Corona" zeigt, nun auch der politischen "Gleichheit" und damit der "Freiheit" an den Kragen. Was steckt dahinter?
Was die machtkonstellatorischen Verflechtungen innerhalb des zunehmend sich globalisierenden politisch-ökonomischen Systems anbelangt, lässt sich allgemein festhalten, dass an der Spitze der Einflusshierarchien die wirtschaftlichen "Eliten" stehen, da das ökonomische System, der "Privatkapitalismus", dem politischen System, das letzteres (durch besagte Integration der unterschiedlichen "Kapitalfraktionen", neuerdings des "Bürgers" als solchem) lediglich abzusichern hat, übergeordnet ist. Die ökonomischen Interessen bündeln sich in zentralistischen Interessensvertretungen, etwa den "Sozialpartnern". Diese wiederum bestimmen das Verhalten politischer Akteure in den Parteien. Es sind dabei die kapitalkräftigsten Wirtschaftsakteure, die den größten Einfluss in den Interessensverbänden auszuüben vermögen. Im globalisierten Neoliberalismus, wie er seit den 1980er-Jahren entstanden ist, begleitet von einer Supranationalisierung politischer Entscheidungsbefugnisse (etwa: EU-Integration), werden die Einflüsse des global agierenden Kapitals zunehmend "diffuser" (Lobbyismus, systemimmanente "Korruption"). Aus dieser systemischen "Ko-Abhängigkeit" der Parteien von Interessensverbänden und damit von Kapitalinteressen resultiert der Umstand, dass die politische "Funktionärsschicht" primär fremdbestimmte Kapital- und Machtinteressen verfolgt. Diese setzen die Aufrechterhaltung des herrschenden Systems durch die Integration kapitalinduzierter Widersprüche voraus. Da diese Widersprüche durch die voranschreitende Zentralisierung und Monopolisierung (Kapitalkonzentration) immer offener zu Tage treten, werden neue, durchwegs aggressivere, technisch-naturwissenschaftlich geprägte Methoden zu Kontroll- und Machterhaltungszwecken eingesetzt (Digitale Technologien zum Zwecke der Überwachung, der Bestrafung, der sozialen Domestikation, der massenpsychologischen Beeinflussung usw.). Gerade die Corona-Politik, die durch die flächendeckende Anwendung derartiger Machttechniken in unterschiedlichem Ausmaß geprägt war bzw. immer noch ist, hat deutlich gemacht, dass sich mit dem Niedergang des "bürgerlichen Individuums" (durch dessen technologische Unterwanderung) nichts Geringeres auflöst als der integrierend wirkende "Kitt" bürgerlich-parlamentarischer Demokratien selbst. Damit kommt es zu einer neuen Qualität von "Distanz" - nämlich jener zwischen allen Bürgern als Beherrschten und den Herrschenden in Gestalt global vernetzter politischer und ökonomischer "Eliten". Es geht nicht mehr darum, ob es kaum unterscheidbaren bürgerlichen oder sozialdemokratischen Parteien gelingt, innerhalb des Nationalstaates das System der "sozialen Markwirtschaft" durch "demokratische" Prozesse zu stabilisieren, sondern der "Bürger" kritisiert den Angriff auf die "bürgerlichen Freiheiten" als integrative Grundlage aller innersystemischen Konflikte und damit den Scheincharakter vorherrschender "Demokratien".
Der demokratische Widerstand gegen die Corona-Politik hat nichts Progressiv-Revolutionäres, sondern es geht um den Erhalt des bereits Erreichten. Aus der Sicht des "Systems" ist die Bürgerbewegung "reaktionär-konservativ".
Kommt zu diesem grundsätzlichen, in institutionellen Defiziten begründeten Distanz-Gefühl zwischen den Beherrschten und den Herrschenden der entsprechende Politikinhalt hinzu, der in Zeiten "Coronas" in der Aushöhlung der "Bürgerlichkeit" und des "aufgeklärten Individualismus" besteht, muss sich das von den Eliteninteressen divergierende Interesse der "Bürger" notgedrungen im außerparlamentarischen Raum artikulieren. Die zahlreichen Demonstrationen gegen die Corona-Politik, die es in vergleichbarer Form seit dem Niedergang des DDR-Regimes nicht mehr gegeben hat, sind ein Ausdruck dieser Notwendigkeit. Es handelt sich dabei stets um ein "Alarmsignal" für die "Eliten", weil derartige Unmutsbekundungen zeigen, dass das parlamentarische Vertretungssystem an seiner Aufgabe gescheitert ist, gesellschaftliche Widersprüche mit dem Ziel zu kanalisieren, einen Basiskonsens der herrschenden Klassen mit den Beherrschten sicherzustellen. Im Zuge der Corona-Politik wurde von den Herrschenden dieses Ziel brachial verfehlt, denn der Basiskonsens kann vielen Menschen, "bürgerlichen Individuen", zufolge keinesfalls in der (noch dazu größtenteils kontrafaktischen) Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten bestehen. Der demokratische Widerstand, der sich im Laufe der Corona-Pandemie gegen die offen "autokratische" Exekutivgewalt formiert hat, ist dabei im ersten Moment keinesfalls ein per se anti-kapitalistischer Widerstand, sondern ein Widerstand der "bürgerlichen Individuen" gegen die Auflösung des integrativen Elements des demokratisch verfassten Privatkapitalismus in Gestalt der "Bürgerlichkeit", d. h. einer zumindest ansatzweise vorhandenen formalen "Freiheit" und "Gleichheit". Diese Konfliktlinien werden auch nach "Corona" nicht verschwunden sein, denn sie haben wesentlich mit der Globalisierungs- und Modernisierungsagenda und dem für sie typischen Einsatz immer neuerer Technologien der Herrschafts- und Kontrollausübung zu tun, die die Freiheit des Einzelnen weit über "Corona" hinaus bedrohen. Am Beispiel "Corona" haben sich diese Konfliktlinien lediglich in zugespitzter Form geäußert. Der demokratische Widerstand hat so gesehen, obwohl die Bilder der Massenproteste teilweise diesen Eindruck vermitteln mögen, zunächst nichts "Progressiv-Revolutionäres". Es geht oder ging dem Gros der Bürgerbewegung, wenn man sie so nennen darf, jedenfalls war es in der Anfangsphase so, nicht darum, das "System" prinzipiell weiterzuentwickeln oder gar gewaltsam umzustürzen. Vielmehr handelt es sich um ein Aufbäumen gegen den Rückbau des bereits Erreichten. Dem "System" selbst, das seine neue "kollektivistische Progressivität" entdeckt zu haben scheint, muss die Bürgerbewegung als geradezu "reaktionär-konservativ" erscheinen. Letztlich aber geht es schlicht um die Verteidigung des Status quos gegen als undemokratisch empfundene Tendenzen unter dem Deckmantel vermeintlicher Demokratie.
Die Corona-Politik weist in methodischer Hinsicht strukturale Analogien zur Vorgangsweise in "autoritären" und "totalitären" Systemen auf.
Nimmt man die Corona-Politik im Einzelnen unter die Lupe, lassen sich in mehrererlei Hinsicht zumindest strukturale Analogien zur methodischen Vorgangsweise in autoritären oder totalitären Systemen erkennen (einige Debattenbeiträge haben einen derartigen Bezug hergestellt). Zum einen ist bereits der Umstand problematisch, dass die Corona-Politik in vielen "Volksvertretungen" von (nahezu) allen Parteien des politischen Spektrums unkritisch mitgetragen wird. In Österreich bspw. gab es nur eine im Parlament vertretene Partei, die bei der Bewertung der Corona-Maßnahmen, insbesondere bei der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht (d. h. einer mit Strafe bedrohten Teilnahmepflicht an einer medizinischen Massenbehandlung mit "Experimentcharakter"), eine abweichende Beurteilung der Sachlage zugunsten des "bürgerlichen Individuums" vorgenommen hat. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte die Einschätzung breiter Bevölkerungsschichten im "Repräsentationssystem" keinerlei Widerhall gefunden und hätte zur Gänze in den außerparlamentarischen Raum verlegt werden müssen. Es liegt auf der Hand, dass das mit großer Mehrheit getroffene Abstimmungsergebnis im österreichischen Parlament, ungeachtet aller anderen rechtlichen, politischen und moralischen Probleme, die mit dem Impfpflicht-Gesetz einhergehen, nicht den "Willen" des österreichischen Volkes widerspiegelt. Vielmehr dürften die beschriebenen Interessenslagen politisch-ökonomischer "Eliten" zur Geltung gekommen sein.
Der "Totalitarismus"-Eindruck mag sich bei vielen "Bürgern" auch dann ergeben, wenn selbst dieser notwendigen, außerparlamentarischen Artikulationsmöglichkeit bspw. durch in der Anfangsphase durchaus vorhanden gewesene Versuche der Einschränkung bzw. des Verbots von Versammlungen entgegengetreten wird; wenn durch das aus Steuergeldern finanzierte massive Bewerben des Regierungsnarrativs ("Impfen!" - hier zeigt sich die Abhängigkeit der politischen von den ökonomischen "Eliten") weitestgehend die massenpsychologischen Attribute sog. "Propaganda" erfüllt; wenn von öffentlich-rechtlichen Medienanstalten (hier zeigt sich die Abhängigkeit der Meinungs-"Eliten" von den politischen und damit von den ökonomischen "Eliten") dieses Regierungsnarrativ unkritisch in alle Wohnzimmer getragen und dabei alles unternommen wird, um das Entstehen einer Gegenöffentlichkeit zu unterbinden; wenn alternative Informationsangebote von sozialen Medien zensiert oder andere soziale Medien mit Zensurabsichten von Politikern offen bedroht werden; wenn die Freiheit der Wissenschaft und der wissenschaftliche Diskurs insgesamt unter einem Dogmatismus begraben werden, der an den "wissenschaftlichen Sozialismus" (in Gestalt des Marxismus-Leninismus) in der DDR denken lässt, weil er selbst abweichende Virologen- und Epidemiologenmeinungen nicht zulässt (andere Disziplinen kommen per se nicht vor - als wäre der Mensch ein bloßer Organismus, dessen "nacktes Leben" (G. Agamben) biopolitisch "geschützt" werden muss); wenn freie Meinungsäußerung Einzelner wenig subtil mit allerlei Konsequenzen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes und damit der Existenzgrundlage bedroht wird... - All dies kennt man, zugegebenermaßen unter teils weit harscheren Rahmenbedingung, tatsächlich aus Diktaturen, autokratischen Einparteiensystemen, faschistischen oder bolschewistischen Regimen. Der Eindruck eines neuen, digitalisierten "Totalitarismus" (auch im Unterschied zum bloßen "Autoritarismus") mag sich auch dann erhärten, wenn Regierungen auf der Grundlage ihrer alleingültigen "Ideologie" sowie unter Zuhilfenahme gigantischer Datenbanken und Datenverarbeitungssysteme ("Datenschutz" wird suspendiert) versuchen, alle menschlichen Lebensbereiche zu erfassen, ja bis in die vermeintliche "Gesundheit" des Einzelnen mit Zwang hineinzuregieren, während widerständiges Verhalten und das Pochen auf Grundrechte, etwa die körperliche Unversehrtheit, mit Ächtung und Ausschluss aus dem öffentlichen Leben geahndet werden.
Die Spaltung der Gesellschaft beruht auf der Freund-Feind-Konstruktion im Sinne des "Sündenbock-Mechanismus".
Hinzu kommt die offen betriebene Spaltung der Gesellschaft. Auch hier können strukturale Analogien zur methodischen Vorgangsweise autokratisch-totalitärer Systeme ausgemacht werden. Insbesondere der sog. "Sündenbockmechanismus" (R. Girard) und der damit einhergehende Ausschluss aus der Öffentlichkeit der Stigmatisierten wurde im Zuge der Corona-Politik auf eine Weise "zelebriert", die selbst im historischen Rückblick ihresgleichen sucht. Nie zuvor hat es derart massive Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit gegeben. Die "Sündenbock"-Konstruktion, die "Ungeimpfte", d. h. gesunde Menschen, die sich nichts zu Schulden kommen lassen haben, noch dazu gegen jede, sogar virologisch und epidemiologisch verkürzte Evidenz, ausschließlich aufgrund einer möglichen "Gefahr", die in ihrem biologischen Wesen begründet liegt, zu "Sündenböcken" stempelt, die aus der "gesunden" Gemeinschaft der "Geimpften" ausgeschlossen werden müssen, erinnert frappant an die Freund-Feind-Schemata, wie sie idealtypisch in der Staatstheorie C. Schmitts formuliert worden sind - mit dem Unterschied, dass der "Feind" nun nicht mehr im "Außen" zu finden ist, sondern im Inneren der Gesellschaft, ja in jedem Menschen potentiell sich einnisten kann. Auf weitere Vergleiche, die nicht zuletzt zum Überwachungsapparat etwa des SED-Regimes gezogen werden könnten, soll an dieser Stelle verzichtet werden. Völlig ausgeklammert sollen an dieser Stelle auch die sog. "Kollateralschäden" bleiben, die, selbst wenn man ausschließlich auf das enge Feld der (szientistisch-verengt definierten) "Gesundheit" fokussiert (von anderen Bereichen des Sozialen, Politischen, Spirituellen usw. ganz abgesehen), den angeblichen Nutzen der Anti-Corona-Maßnahmen weit übersteigen dürften. Auch auf fadenscheinige Zahlenspielereien, Fehlinterpretationen, unterbelichtete Nebenwirkungsprofile bedingt zugelassener Impfstoffe, die so wenig wirksam sind, dass ihre Hersteller jede Verantwortung (auch für Schäden) kategorisch ausschließen, Steuergeldvernichtung in gigantischem Ausmaß, Korruptionszusammenhänge, täglich wechselnde Verordnungen und Kriterien für "Stufenpläne", die doch nicht eingehalten werden, die tagtägliche Verbreitung von Angst und Panik in der Bevölkerung, die alles andere als gesundheitsfördernd wirkt, das unreflektierte Diffamieren aller Demonstranten in Bausch und Bogen als "Rechtsradikale, Demokratiefeinde und Neofaschisten" (sic!) oder die Tatsache gesundheitspolitischer Versäumnisse vieler Regierungen in der Vergangenheit soll nicht näher eingegangen werden. All dies würde jedoch die getroffenen "Befunde" erhärten.
Echte Repräsentanz und Bürgernähe lassen sich herstellen durch Dezentralisierung, die Bildung freier Bürgerinitiativen und die Stärkung direkter Demokratie.
Gerade die Corona-Politik ist ein idealtypischer Ausdruck eines ausgeprägt "elitären", reduktionistisch-wissenschaftsgläubigen Modernisierungsdenkens, wie es zunehmend kritisch bewertet wird, und hat als solches zwei Dinge auf unheilvolle Art miteinander verbunden: die negative Seite des technisch/wissenschaftlich-ökonomischen Fortschritts und die ohnehin vorhandenen Schwachstellen Parteien-basierter parlamentarischer Repräsentationssysteme. Daraus lassen sich für die neuen Bürgerbewegungen zwei wesentliche Ziele ableiten: Zum einen die Abkehr von der globalen Modernisierungsagenda mit ihren zerstörerischen Homogenisierungsbestrebungen für Mensch und Natur, zum anderen eine Reform bzw. Demokratisierung der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie dahingehend, dass auf möglichst dezentraler Ebene versucht wird, wieder die tatsächlichen Interessen der Einzelnen bzw. regionaler oder lokaler Gemeinschaften zur Geltung zu bringen, nicht aber die Interessen weit entfernter wirtschaftlicher und politischer "Eliten". Die Schlagworte lauten dementsprechend "politische Dezentralisierung" und "ökonomische Regionalisierung" (statt Globalisierung). Eine Reformmöglichkeit des Repräsentationssystems bestünde im Versuch, eine weitgehende Kompetenzverschiebung hin zu den Kommunen zu erwirken. Dort könnten die ohnehin schwächer ausgeprägten Strukturen zentralistischer Parteien zusätzlich dadurch aufgeweicht werden, dass sich neue "Parteien" als freie Bürgerinitiativen zusammenfinden und mit anderen Bürgerinitiativen Konsenslösungen für lokale und regionale Probleme erarbeiten. Zusätzlich müssten Elemente direkter Demokratie stärkere Gewichtung bei politischen Willensbildungsprozessen auf sämtlichen Ebenen finden. Nicht nur bei Wahlen etwa von Gemeinderäten oder anderen Vertretungskörpern, sondern auch innerhalb der "Parteien" bzw. Bürgerinitiativen selbst könnte z. B. die Digitalisierung sinnvoll, zur Schaffung "kurzer Wege" (Abstimmungen), eingesetzt werden, anstatt sie in den Dienst monströser "Überwachungsstaaten" zu stellen. Direkt demokratische Entscheidungen sollten zudem bindenden Charakter aufweisen. Damit könnte dem Vertrauensverlust in das politische System entgegengewirkt und wieder mehr Bürgernähe und Repräsentanzgefühl hergestellt werden.